Montag, 26. Dezember 2011

Immer wenn es regnet, muss ich an dich denken...




Ich stehe mit Freundinnen in einem kunterbunten Laden
in einer jungen, dynamischen Großstadt,
aus den Boxen dringt Partymusik, die eigentlich in Stoboskop-beleuchtete Räume gehört.
Wir sind gut drauf, shoppen aus Spaß an der Freude
und quatschen über Belanglosikgeiten und Problemchen.

Da, ein Wechsel in der Musik - ein Sommerhit.
Alle freuen sich, trällern falsch mit.
Nur mir schnürt es den Atem ab,
Ein bittere Geschmack verklebt meinen Rachen,
ein Druck auf meiner Gurgel, wie von einem Würgegriff
Ich reiße die Augen auf, im verzweifelten Versuch, die Tränen zurückzuhalten.
Atme tief in den Magen und langsam wieder aus.
Dann der Geschmack von Salz und
alles verschwimmt vor meinem Blick.

So wie damals,
Es war mehr Wasser als Sauerstoff in der Luft.
Zum ersten Mal eröffnete sich mit die Bedeutung des Wortes NiederSCHLAG.
Der Regen peitschte und der Wind revoltierte so laut,
dass ich kaum die Worte des Priesters ausmachen konnte.
Die Natur protestierte gegen diese Widrigkeit ihrer Selbst.
Das Wasser bildete Wände, die jeden von uns abgeschnitten und alleine dastehen ließen.

Ich hatte zuvor nach Ausreden gesucht, nicht an diesen unseligen Ort kommen zu müssen. 
Doch nun stand ich hier, zusammen mit vielen Anderen,
Eine Masse aus grau und schwarz, aus Mänteln und Schirmen,
durchnässt von Tränen und Regen.
Längst gleichgültig gegenüber der Kälte, die sich langsam in alle Glieder vorgearbeitet hatte.
Wir waren festgefroren, unsere Herzen erkaltet, bereit zu Brechen wie hauchdünnes Eis.
Auf der Schwelle zwischen untragbarem Schmerz und innerer Leere.

Der Priester meinte, du hättest noch letzte Woche an deine Wand geschrieben:
"Don't dream your life - live your dreams."
Ich musste schlucken.
Es fühlte sich an, wie ein säuregetränktes Messer, dass mir langsam die Kehle aufschlitzte.
Aber das war mir egal, weil alles egal war.
Weil an diesem Tag nichts mehr Wert hatte.
Weil du alles verloren hattest.
Weil wir dich verloren hatten.

Ich konnte es einfach nicht fassen.
Ich war hier, ja, es hatte in der Zeitung gestanden, aber dennoch...
Nichtmal die leeren Augen deiner Mutter konnten mich überzeugen.
Es konnte doch nicht sein, dass du vor kurzem noch geatmet hattest,
gesprochen, gelacht, Dinge berührt
und jetzt würdest du das nie wieder tun.
Es war noch so frisch - du hattest als Letzte die Blumen gegossen,
Deine Schuhe standen immernoch so da, wie du sie letzte Woche zurückgelassen hattest.
Man konnte doch nicht einfach so verschwinden.
In einem Moment ein Teil der Welt und im nächsten unwiderbringlich weg.
Einfach so, ohne Vorwarnung.
Mit 20 Jahren.

Musik erklang, ein Song, den du gern mochtest.
Du, die Lebenslustige, die Aktive, die Süße...
"Somewhere over the rainbow..."
Dieser Song handelt von Träumen.
Du wirst nie wieder träumen,
Keiner deiner Träume wird in Erfüllung gehen,
Du wirst nur die meinen heimsuchen
Und mich schreiend, keuchend erwachen lassen. Leer.

"If fluffy little blue birds fly
across the rainbow
why, oh why can't I?"
Singen meine Freundinnen.
Doch ich bin nicht mehr hier.
Ich bin bei dir,
wie immer, wenn dein Lieblingssong läuft.
Und ich hoffe du kannst fliegen <3

R.I.P.

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