Mittwoch, 6. April 2011

Dissoziation





Nebelschwaden lichten sich, Sonnenstrahlen blenden mich.
Wo bin ich? Wer bin ich? Ich bin ich.
Ich bin bei dir. Wer bist du?
Du bist mein Freund. Dein Name ist x. Wir sind seit y Jahren zusammen. Wir sind glücklich.
Autobiografisches Faktenwissen, das mir bekannt ist, welches ich aber nicht gelebt habe, ich habe es weder gesehen noch gefühlt... nicht er-lebt.
Das ist wieder einer dieser Momente.
Ich erinnere mich, es gab schon mehrere seiner Sorte.
Diese erleuchteten Momente der klaren Erkenntnis meines Daseins, die den bitteren Beigeschmack der unvermeidbaren Vergänglichkeit tragen.
Ich werde panisch.
Ich will nicht wieder zurück in diesen grauen Nebel, der alles Licht erstickt und jedes Geräusch, jedes Gefühl, alles Leben mit sich ins Nichts zieht und mich vom Erleben isoliert zurücklässt.
Ich bewege meinen Körper, versuche herauszufinden, wo ich beginne und wo ich ende. 
Vielleich kann ich länger ein Teil der Realität bleiben, wenn ich mich selbst spüre, wenn ich spüre wie mein Körper verbunden ist mit dieser Umwelt, die mir so selten bewusst wird. Ich will nicht gehn, ich will LEBEN, aktiv, spürbar... mit DIR, nicht parallel zu dir. Ich will keinen Moment mehr verpassen, keine Erinnerung missen.
Ich klammere mich an jeden Sinneseindruck. Ich lausche, den Atem flach, um ja keinen Ton zu verpassen. Ich fühle, wo meine Haut die Welt berührt. Ich sehe in das Licht, wenn es mich blendet ist es wirklich existent. Ich fülle meine Lungen mit frischer Luft, es fühlt sich an wie der erste Atemzug nach einem Tauchgang. Ich küsse dich, schmecke dich, spüre dich, flehe dich an, mich in deinen Armen zu halten, festzuhalten, in dieser Welt.
Doch egal, wie sehr ich mich bemühe...
Nach wenigen Minuten kriecht der unbarmherzige Nebel wieder meine Beine hoch, lässt mich nicht mehr erkennen, ob ich noch auf dieser Erde wandle oder in grauen Sphären schwebe. Er dämpft die Geräusche, wattiert jedes Gefühl und verdunkelt das Licht.
Ich sehe dir noch ein letztes Mal in deine eisblauen, tiefgründigen Augen...
Bis nichts mehr übrig bleibt als milchiges, graues Nichts. 
Nichtmal die Erinnerung an diesen kurzen Moment der Erleuchtung und des Lebens.